Dienstag, 12. August 2014

Lasst die Menschen traurig sein

Immer, wirklich immer, wenn eine prominente Persönlichkeit stirbt, kommen sie aus allen Löchern gekrochen. Jüngstes Beispiel: Der tragische Tod von Robin Williams.

Sie. Leute, die sagen, man dürfe nicht einer Person nachtrauern, weil man sie nie persönlich gekannt hat. Leute, die sagen, dass die Rest In Peace Tweets und Facebook-Posts den Hinterbliebenen des Verstorbenen nichts bringen. Leute, die anderen Menschen das Trauern verbieten wollen.

"Du hast ihn / sie gar nicht gekannt, jetzt tu nicht so."

Nein, ich habe Robin Williams nicht persönlich gekannt, genau wie Millionen von anderen Menschen auch nicht. Aber trotzdem hat er es geschafft, mich durch meine Kindheit zu begleiten. Ich weiss noch genau, wann und wo ich Mrs. Doubtfire zum ersten Mal gesehen habe. Und ich kann noch genau nachempfinden, wie gross mein Verlangen nach meinem eigenen Flubber war, nachdem ich den gleichnamigen Film gesehen hatte. Ich habe mir immer auch einen eigenen Genie gewünscht (nicht unbedingt als Freund, ich wollte nur unendlich viele Wünsche) und habe etliche Male das Abenteuer von Peter Pan mitverfolgt. Vielleicht habe ich Robin Williams nie gekannt, aber ich kannte seine Rollen. Und die haben einen derartigen Eindruck bei mir hinterlassen, dass ich über fünfzehn Jahre später mich noch klar an sie erinnere. Da darf ich doch ein wenig traurig sein, nicht?

"Deine doofen Trauer-Tweets und Facebook-Posts bringen einen Scheiss."

Ja, vielleicht wird die Trauerfamilie meinen Social-Media-Post nie sehen und dieser ihnen daher nicht sonderlich helfen. Aber irgendwo muss man ja als Mensch seine Trauer rauslassen. Und da bietet sich heutzutage das Internet nunmal perfekt an. Innert Sekunden bist du umgeben von Leuten, denen es gleich geht wie dir und du fühlst dich ein wenig verstanden und weniger allein.  Diese Posts helfen den Angehörigen vielleicht nicht, aber sie können einem selbst ganz gehörig helfen.

Wir trauern nicht alle gleich. Die einen trauern still für sich, andere mithilfe eines besagten Beitrags auf einem sozialen Netzwerk. Wie man trauert ist schlussendlich egal. Wichtig ist nur:

Lasst die Leute traurig sein.

Wir alle sind verschiedene Menschen, wir mögen verschiedene Menschen und sind von verschiedenen Todesfällen unterschiedlich stark betroffen. Dir geht Robin Williams vielleicht am Arsch vorbei, doch wenn dein Lieblingssportler, Lieblingsmusiker oder Lieblingspolitiker mal sterben wird, wirst auch du diesen komischen Knoten in deinem Magen spüren. Auch du wirst dann traurig sein.

Also bitte, bitte: Lass die anderen Menschen auch traurig sein.

Dienstag, 10. Juni 2014

Hot or Not: Das Land der Bubis, Spiegelselfies und Wannabe-Models

Ich gebe es zu. Ich habe es getan. Schuld war ein Mix aus Schlaflosigkeit, Langeweile und Neugier.

Ich habe mir Hot or Not herunter geladen. Richtig, die App, bei der man Fotos von fremden "Männern" begutachtet und dann innert Sekunden entscheidet, ob man ihnen ein Herzchen oder ein X schenkt. Wird man zurück geherzt, entsteht eine Connection und man kann miteinander chatten. Willkommen zum Dating im 21. Jahrhundert.

Zugegeben, ich bin nicht sehr stolz darauf. Aus lauter Scham habe ich die App auf die allerletzte Seite meines iPhones verfrachtet. Ausprobieren musste ich es aber trotzdem.

23:00 - 23:15: Warum mache ich das? Das ist widerlich! Was für ein schreckliches, oberflächliches Verhalten das hier gefördert wird. Ich werde die App gleich morgen wieder löschen.

23:16 - 23:20: Okay, aber irgendwie ist das auch richtig witzig. Ich mache mal noch ein paar Minuten weiter.

Und wenige Sekunde später habe ich auch den ersten Typen geherzt und schlussendlich ganze 40 Minuten auf dieser App verbracht. Um herauszufinden, ob sich dies für euch lohnen könnte, hier eine kleine Statistik:

75% der Typen sind im Durchschnitt 18 Jahre alt, haben noch nicht einmal Bartwuchs und werden entsprechend sofort ge-Xed.

Von den restlichen 25% sind etwa 5% Typen, die ich tatsächlich aus dem Real-Life kenne und mit denen ich NICHT AUF DIESE ART UND WEISE KOMMUNIZIEREN WILL UND DIE AUCH GAR NICHT WISSEN SOLLEN, DASS ICH DIESE APP BENUTZE.

Bleiben noch 20%. Hiervon sind wiederum etwa 10% richtige Douchebags, die entweder vor ihrem Auto (2%) oder halbnackt vor ihrem Spiegel (8%) posen.

Bleiben also noch 10%. Da auch ich bizeli oberflächlich bin und gewisse Ansprüche an das Äussere eines Mannes habe, fällt wieder etwa die Hälfte dieser Männer weg.

Bleiben also 5%, die mir potentiell gefallen könnten. Stellt sich die Frage, ob sich bei diesem (optimistischen) Ergebnis der Aufwand überhaupt lohnt.

Ja, tut es. Mal habe ich zwar das Gefühl, dass ich meine Zeit verschwende und diese App wirklich wieder löschen sollte. Aber es ist soooo unterhaltsam! Denn plötzlich stolpere ich beispielsweise über den Zwillingsbruder meines Herzensbachelors Vujo und diese Erheiterung macht alles wieder wett.

Und an diejenigen, die sich über die Oberflächlichkeit dieser App ärgern: Get over it. Ich meine, wenn ihr im Club jemanden anspricht, dann tut ihr das nicht, weil er einen unfassbar guten Charakter oder wunderbare Moralvorstellungen hat. Ihr spricht denjenigen bzw. diejenige an, weil er / sie euch OPTISCH gefällt. Und Hot or Not beruht auf dem genau gleichen Prinzip. Und ist etwas effizienter als ein Club-Besuch.

PS: Die App wird trotzdem sehr bald wieder gelöscht. Irgendwie gefällt mir analoges Dating besser.

PPS: Den Zwillingsbruder habe ich übrigens ge-Xed. Sorry, Alexander.

Samstag, 25. Januar 2014

Liebe Beliebers

Ich habe ja schon immer an der Intelligenz von pubertierenden Fangirls gezweifelt. Besonders Beliebers scheinen nicht die hellsten Leuchten zu sein. Ich erinnere an #cutforbieber oder den Moment, als sich zahlreiche Fans den Kopf rasiert haben, weil das Gerücht herum ging, dass ihr Schätzchen Krebs hatte (was natürlich nicht stimmte).

Aber jetzt, jetzt haben sie das Fass zum Überlaufen gebracht.

Ihr geliebter Bieber wurde in Florida verhaftet, weil er unter Drogen- und Alkoholeinfluss mit dem Auto unterwegs war. DUI, Driving Under the Influence. Und das ist wohl das Egoistischste, was ein Mensch tun kann.

In dem Moment, in dem man betrunken oder high in ein Auto steigt, gefährdet man zahlreiche Leben unschuldiger Dritter. Dies können andere Leute im Wagen sein oder zufällige Passanten, die bei einem allfälligen Unfall schlichtweg zur falschen Zeit am falschen Ort waren.

Glücklicherweise kam es im Falle von Justin Bieber nicht zu einem solchen Unfall, die Polizei hat ihn - bevor schlimmeres passieren konnte - verhaftet. Und wie reagieren die Beliebers?

#wesupportyoujustin. Ein fucking Trending Topic auf Twitter.

No, just no. Wieso sollte man einen Mann unterstützen, der bewusst (!) das Gesetz gebrochen hat und dabei auch noch die Leben anderer Menschen (!) gefährdet hat? Dies ist nicht der Zeitpunkt, um zu sagen, was für ein armer Junge Justin Bieber ist und dass es mit all dem Druck, der auf ihm lastet, keine Überraschung sei, dass es soweit kommen musste. Mag ja sein, dass es keine Überraschung ist, dass junge Celebrities Alkohol und Drogen konsumieren. Aber in dem Moment, in dem Justin Bieber in diesem Zustand in seinen Wagen gestiegen ist, hat er das Risiko, seine Mitmenschen zu verletzen, auf sich genommen. Und das nur, weil er ein kleines bisschen Spass haben und ein Autorennen fahren wollte.

DUI. Dumm Und Ignorant.

Shame on you, Beliebers. Auch wenn ihr erst 16 Jahre alt seid, seid ihr alt genug, um euer Gehirn zu benutzen und etwas nachzudenken, bevor ihr einen dermassen dämlichen Tweet ins world wide web sendet.

Und shame on you, liebe Medien. Shame on jene Journalisten, die in ihren Artikeln das Verhalten von Bieber verharmlost haben. "Er ist noch jung" oder "wir alle machen Fehler". Was hättet ihr geschrieben, wenn bei diesem tollen Autorennen tatsächlich eine unbeteiligte Person ums Leben gekommen wäre? Wäre dann der liebe Justin immer noch ein ganz armer, junger Bub gewesen?

Nein, dann wäre er an den Pranger gestellt worden und die öffentliche Hetzjagd hätte begonnen.

Screw you, society. And screw your double standards.